Schönes Geschirr

Heute war Großvater-Tag. Bei dem, der nicht in meiner Stadt wohnt.
Der Weg gestaltete sich zugig und mich machte das morgens etwas qietschig, aufgedreht und freudig. Zug fahren in Gesellschaft finde ich klasse, man kann reden und Spiele spielen und Kreuzworträtsel lösen, Kaffee trinken und essen und ist dabei so richtig unterwegs. Manchmal hat physisches unterwegs sein was beruhigendes, das auch die Gedanken wieder auf Reisen schickt und aus den eingefahrenen Wegen heraus lenkt.

Familienbesuche finde ich etwas zweischneidig, zumindest, wenn sie mehr als zwei Generationen und/oder mehr als drei Personen, die sich nicht mindestens jeden Monat sehen umfassen. Auf der einen Seite ist da das sichere Gefühl von Familie und Zugehörigkeit, dass man grundsätzlich ein Mindestmaß an Interesse für einander hat, neu zueinander findet, oberflächlich auf den neusten Stand gebracht wird, lusitige und spannende alte und neue Geschichten hört, viel gutes Essen.



Andererseits ist Small Talk auf Dauer anstrengend, ebenso wie sich nach Möglichkeit in Aussagen und Handlungen so anzupassen, dass niemand etwas auszusetzen hat, man aber doch authentisch ist, alle Anwesenden einbezogen sind und man reibungsfrei durch die Zusammenkunft kommt und am Ende noch ein gutes Gefühl dabei hat. Pfuuuuuhh.
Grundsätzlich brauch' ich nach einem Tag so intensiver sozialer Interaktion erstmal 'ne Pause. Aber Holla!

Den Rückweg hatte ich allein zu bestreiten, der Vater verblieb noch beim Großvater. Die Bahnhofsanzeige teilte mir mit, dass mein Zug Verspätung haben sollte. Beim Zeit tot schlagenden Streifen durch die Läden fiel mir das Buch in die Hände, das ich seit Wochen schon kaufen wollte. Schicksal bestimmt. Da hatte sich die Wartezeit direkt gelohnt!
Endlich im Zug, hatte der Zug noch viel mehr Verspätung, was zur Folge hatte, dass ich den Anschlusszug am Umstiegsbahnhof verpasste und dort kein Wartezeitwunder passierte, der Anschlusszug aber direkt mit dem Verspäten weiter machte. Allerdings erst nachdem ich schon drin saß. Fast wäre ich richtig genervt gewesen. Fast hätte ich schlechte Laune bekommen und hätte mich geärgert, dass ich noch immer im Zug hänge und noch immer nicht zu Hause bin.

Aber ich saß in der Abendsonne in diesem Zug, in einem ruhigen Abteil ohne nervige Menschen, mit WLan und guter Musik auf den Ohren, mit einem Kaffee und kalter Pizza vom Mittagessen, mit der Zeit abwechselnd Geburtstagsgeschenkideen für Leute zu entwickeln, drüber nachzugrübeln, was ich eigentlich für Privilegien habe, über die ich mir nie vorher Gedanken gemacht hatte und endlich "Alte Weisse Männer" von Sophie Passmann zu lesen - ein Genuss übrigens! Und BÄM! Volle Kanne! Statt Genervtheit war da einfach nur Frieden und Glück und ein paar perfekte Momente.




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