Neulich in der Wg-Küche - Das Chaos und die Lichterkette

Die Mitbewohnerin und ich sitzen auf dem Balkon.
Der Mitbewohner kommt dazu.
Er schaut sich um und stellt entsetzt fest: Auf dem einen Auge sieht er weniger als auf dem anderen.
"Es ist alles voll verschwommen", klagt er. Ob er wohl eine Brille braucht? Ob seine Augen über Nacht an Sehstärke verloren haben?
"Ich kann die Lamellen auf dem Rollo da vorne gar nicht sehen", sagt er.
Die Mitbewohnerin und ich schauen.. mit Brillen auf können wir das. Wir nehmen unsere Brillen ab und schauen..
"Ich sehe, dass da ein Rollo vor dem Fenster ist, aber keine Lamellen", sage ich.
"Ich seh ein Fenster, aber kein Rollo", sagt die Mitbewohnerin.
Der Mitbewohner bekommt meine Brille. Er sagt, ihm wird leicht schwindelig, aber er sieht etwas schärfer.
Der Mitbewohner bekommt die Brille der Mitbewohnerin: Er schreit empört auf, reißt die Brille runter, er findet, dass das gar nicht gehe und versteht nicht, wie jemand dadurch sehen kann.
Wir raten dem Mitbewohner, er solle vielleicht mal nen Sehtest machen.
Die Mitbewohnerin und ich starren weiter das Fenster mit dem Rollo konzentriert an. Der Mitbewohner folgt unserem Blick.
Leicht irritiert fragt er: "Welches Fenster schaut ihr denn an?"
Es kommt raus: Der Mitbewohner hat ein Fenster in ungefähr dreifacher Entfernung von uns zu dem Fenster angeschaut, das die Mitbewohnerin und ich angeblickt haben.
Wir stellen fest: der Mitbewohner kann hervorragend schauen. Mit Brillen auf sehen auch die Mitbewohnerin und ich bei gleichem Fenstern das, was der Mitbewohner sieht.

Alle in der Wg haben Angst vor Spinnen, nur der Mitbewohner nicht, was ihn zum Spinnenbeauftragten macht. (Sogar wenn ich von Spinnen träume, ruft mein Traum-Ich den Mitbewohner.) Todesmutig hat die Mitbewohnerin eine Spinne unter einem Plastikbecher auf der Anrichte gefangen, damit der Mitbewohner sie später hinaus auf den Balkon bringen kann. Als der Mitbewohner heim kommt, sieht er: Der Becher steht zur Hälfte auf der Anrichte, zur andern hin hängt er darüber, sodass eine ansehnliche Lücke nach unten hin entstanden ist. Weit und breit keine Spinne zu sehen.

Ich bin allein in der Wohnung und gehe ins Bad. Die Zähne fertig geputzt, möchte ich die Tür wieder aufschließen, um in mein Zimmer zurück zu kehren. Der Schlüssel lässt sich nicht drehen. Keinen Millimeter. Gar nicht. Ich trete ein paar Schritte zurück. Hole tief Luft. Veruche es noch mal. Wieder nicht. Ich rüttele am Schlüssel. Ändert nix. Ich rüttele die Tür. Ändert nichts. Langsam sackt es.. Ohje, ich bin hier gefangen. Niemand ist da, und ich sitze im Bad fest und komme nicht raus. Das Fenster ist zu klein zum raus klettern. Ein Bisschen Panik bekomme ich. Aber: Glück gehabt, Telefon dabei. Vielleicht kommt die Mitbewohnerin bald. Ich rufe an. Doch sie geht nicht ran, arbeitet noch. Ich raufe mir die Haare. Ein letzter Versuch! Zum ersten Mal drücke ich die Klinke runter. Die Tür geht auf. Hab wohl vergessen gehabt abzuschließen.

Warum der Freund unsere Wg bis heute hauptsächlich mit dem Wort "Chaos" betitelt? Unklar. Völlig unklar :D

(Die nachfolgende Situation ist aus wahren Ereignissen zusammen gesetzt, die sich allerdings teilweise zu unterschiedlichen Zeiten ereigneten und stellvertretend ist für viele Küchenabende, die aufgrund meines löchrigen Gedächtnisses nicht komplett nacherzählbar sind.)
Zu dritt sitzen wir in der Küche. Verteilen Wein auf Plastikbecher, weil die Gläser nicht abgewaschen sind. Irgendwer hat zu viel gekocht, alle haben Zeit, sodass wir plötzlich gemeinsam essen, uns von unseren Tageserlebnissen erzählen, uns Mut zusprechen und gemeinsam Nervigkeiten in der Welt beklagen. Eine Art kleine Familie sind wir geworden. Beim aufstehen läuft jemand in unsere Altglassammlung, die sich in der Küche ausbreitet. Es scheppert und leere Weinflaschen fallen um. Evtl könnte man sie irgendwann mal weg bringen, wir sind uns da einig. Und der Altpapierberg im Flur ist auch ganz schön groß, ob jemand mal nachsieht, wann das wieder raus gestellt werden kann? Achso, vorgestern wurde das letzte mal was abgeholt, also voll verpasst. Naja, wir haben noch Schokolade, die wir uns zum Nachtisch teilen können. Ich habe einen Ohrwurm von "Süßer die Glocken nie klingen" und verkünde dies laut. Die Mitwohnis stimmen dazu an, der Wg-Chor könnte süßer nicht klingen.

Update zum Lichterkettenprojekt: Seit mindestens 1 1/2 Jahren ist sie jetzt fertig und schmückt unseren Flur. Möglicherweise ist sie aber mittlerweile auch kaputt.. hab sie länger nicht im Einsatz gesehen.


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