Es ist Zeit für Körperschmuck und neues Leben hier

Es war ruhig hier in den letzten Monaten. So ist das, es gibt laute Zeiten und leise Zeiten, die wechseln sich ab und manchmal sind sie gleichzeitig und es gibt Sätze, die sagen eigentlich nichts aus, wie ebendieser hier.

Viel ist geschehen, besonders kürzlich ist mein erstes Tattoo geschehen.
Und es ist wunderbar! Ich bin richtig verliebt :)

Bis vor zwei Wochen habe ich so rum geredet: "Jaja, Tattoo irgendwann mal.. wär schon cool, das Motiv hab ich auch eigentlich schon.. ist ja aber auch aufwendig und naja.. in ein paar Jahren bestimmt. "
Ich habe also mittelgroße Töne gespuckt und hatte eigentlich hauptsächlich Angst vor den Schmerzen und davor vielleicht eine*n schlechten Tätowierer*in zu erwischen, weil ich auf dem Gebiet so unbewandert bin, und dass mein Arm vor Entzündung schon während des Tätowierens abfällt. Aber erzähl das mal jemandem. Da wird man ja für bescheuert gehalten ;)

Das Gespräch mit einem Freund darüber hat aber was ins Rollen gebracht. Ich habe mir Internetseiten von Studios angesehen und war überrascht festzustellen, dass viele gar keine richtigen Websites mehr haben, sonder nur Seiten auf Social Media. Hat mir nicht so gefallen. Ich mag gut gemachte Internetseiten, die übersichtlich und ansprechend sind. Macht auf mich einen professionelleren und vertrauenswürdigeren Eindruck. Und gerade bei einem Tattoostudio finde ich es schön daran zu sehen, ob deren grundsätzliches Ästhetik-Verständnis mit meinem übereinstimmt. Natürlich habe ich auch mit Freund*innen gesprochen, aber deren Studios wollte ich nicht teilen, so wie ich auch ihre Therapeut*innen nicht teilen wollen würde.
Durch Tipps über Ecken und Recherche hab ich dann aber gefunden, was ich suchte..

Und bin aus einer spontanen Laune und einem überwältigenden Gefühl von Richtigkeit vorbei gegangen (erst bin ich wirklich außen dran vorbei gegeangen, ein Mal, zwei Mal, zu nervös, schüchtern und unsicher, in dem Versuch zu sehen, ob ich wirklich rein gehen will, sehr langsam und bestimmt total unauffällig hab ich mehrfach das große Frontfenster passiert), hab mir alles angeschaut und tatsächlich in der nächsten Woche einen Termin bekommen. Und direkt gefragt, ob schon mal jemand von den Schmerzen in Ohnmacht gefallen ist und mich so vermutlich als wirklich uncool geoutet. Aber hey :D
Mit meiner Spontanität und dieser wagemutigen Entscheidung hab ich mich selbst so überrascht, dass ich auf dem Rückweg für ein paar Sekunden mitten an einer belebten Kreuzug inne halten und wahnsinnig vor mich hin kichern musste. Spannende Sache!
Gut, dass die beste Freundin direkt Zeit für Kaffee und zum Freude teilen hatte.

Am Kürzlichsten bin ich also dort aufgelaufen, grinsend, aber mit zu weit aufgerissenen Augen und mit extra wenig Kaffee im Blut, um nicht noch aufgeregter zu sein. Ich hatte ausreichend gegessen und ein zuckerhaltiges Getränk im Gepäck (so empfahl die beste Freundin) und noch im Reinkommen wurde mir ein Kaffee angeboten. Bester erster Eindruck! Wer mir Kaffee geben will, kann nur gut sein :)

Dann ging es los: Skizzen anschauen (die waren so perfekt, als hätte der Tätowierer in meinen Kopf geschaut), Zettel unterschreiben (jop, alles freiwillig, nein, ich verklage niemanden, wenn meine Haut in 20 Jahren anders aussieht und das Tattoo dadurch ebenfalls), Arm mit Zeug eingerieben bekommen, die Schablone drauf legen und die Motivlinien auf den Arm übertragen.. hin legen. Was genau da passiert erklärt mir der Tätowierer währenddessen, ebenso was gleich kommen soll. Als er die Packung der Nadel aufreißt, wird mir schon etwas mulmig..

Liegen, Arm ausgestreckt. Über mir die Zimmerdecke mit großen Lampen, rechts der Tresen mit dem plaudernden Studiobesitzer, der zu mir rüber grinst, Alles weiß oder aus warmem Holz, ordentlich und schlicht, aber gemütlich. Ein angenehm fester Griff an meinem Arm. Und dann die Nadel. Ich beiße die Zähne zusammen, presse die Lippen aufeinander, kneife die Augen zu. Wenn ich nicht wüsste, was da gerade passiert.. ich könnte schwören, jemand schneidet mit einem sehr scharfen Messer an meinem Arm herum. Es tut wirklich, wirklich weh!

Zwischendurch gab es Momente, in denen ich es kaum merkte (sehr wenige), der Schmerz war insgesamt überraschend aushaltber. Kein Mal hatte ich das Bedürfnis den Arm weg zu ziehen. Manchmal unterhielt ich mich mit dem Tätowierer (wir haben beide ein Philosophiestudium abgebrochen) oder er stellte mir Fragen, die ich nicht beantworten konnte, weil es da gerade besonders weh tat. Irgendwann schaute ich auch hin.. und sah kein Blut, nur Linien auf meiner Haut, Tinte und die Hände mit der Maschine. Alles in allem fühlte ich mich gut aufgehoben und sicher und wusste, dass ich das will. Motive für das nächste Tattoo fielen mir ein..

Als ich danach vor dem Spiegel stand, war ich einfach glücklich. Mein Tattoo sieht aus, wie ich es mir vorgestellt habe, es tat schon gar nicht mehr weh, wenn ich nicht dran kam und ich war über meinen Schatten gesprungen und hab mich das wirklich getraut. Ein starkes Gefühl!

Der Arm wurde gut verpackt und ich bin nach Hause gezockelt, um darauf erstmal Kuchen zu futtern und den Mitwohnis meinen Arm zu präsentieren.

Was ich getan habe, als die Frischhaltefolie runter war? Ungefähr eine halbe Stunde meinen Arm hin und her gedreht und begeistert zugeschaut, wie sich dadurch die Linienlängen verändern. Aber das sollte ich vielleicht auch nicht groß rum erzählen, wenn man mich nicht für völlig wahnsinnig halten soll :D









Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Die Insel - Urlaubsrückblende

Neulich in der Wg-Küche - Das Chaos und die Lichterkette

Pen&Paper - meine neues Hobby