Schlafende und Wachende

Wir alle haben psychisch "so unsere Macken". In meinem Umfeld und meiner Familie ist es ganz normal eine Therapie zu machen. Die meisten haben es hinter sich, sind noch dabei und/oder arbeiten in dem Bereich. Auch ich habe eine Krise erlebt und es alleine nicht mehr raus geschafft.
Die ersten mir wirklich bewussten Berührungspunkte mit Gründen für eine Therapie hatte ich in der Oberstufe. In meinem Freundeskreis gab es Depressionen, Essstörungen, Selbstverletzung, Leute, die sexuelle Übergriffe erlebt haben, Leute, die geliebt Personen verloren haben.

Meinen liebsten Menschen ging es (natürlich nicht immer) relativ schlecht. Glücklicherweise konnte ich mit meinen Eltern über alles sprechen, das hat mich immer wieder entlastet und mit Sorgen genommen, ebenso wie mich mit den entsprechenden Themen über Bücher zu informieren. Eigentlich hatte ich nicht das Gefühl etwas für meine Freunde tun zu können. Nur da sein. Und das habe ich versucht immer zu sein, wenn es nötig war.

Neulich ist mir im Gespräch mit meiner Mitbewohnerin etwas aufgefallen. Sie berichtete von ihren Problemen und Themen in der Jugend und erwähnte einen Freund, in dessen Gegenwart sie oft schlief, während er wach blieb.
Das kenne ich auch, nur nicht aus ihrer Perspektive. Vier meiner besten Freunde haben tagsüber oft in meiner Gegenwart geschlafen. Wir haben uns getroffen und, je nachdem, wo wir waren, haben sie sich in mein oder ihr Bett gelegt und sind eingeschlafen. Ich saß daneben, habe gelesen oder Tagebuch geschrieben und aufgepasst. Worauf genau kann ich nicht sagen, aber es hat sich bedeutungsvoll angefühlt, wie eine große Verantwortung, die sie mir mit ihrem schlafenden Selbst anvertraut hatten. Ich war mir sicher, dass ich sie in diesen Stunden vor etwas beschützt habe und ich habe mir vorgestellt, wie meine Liebe für sie dafür sorgt, dass sie gut träumen.
Vorher oder nachher haben wir nicht darüber geredet. Meine Schläfer sind zu mir gekommen und haben sich ihren Schlaf mit der Normalität und Notwendigkeit geholt, mit der ich mein Wach sein gegeben habe.

Ähnliches hat mir auch meine Mitbewohnerin von ihren Eindrücken erzählt.
Ob es sie oft und überall gibt, die Schläfer und die Wachenden?

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